Bundesarbeitsgericht zu Fortbildungsbesuchen von Betriebsräten

(Stuttgart) Unternehmen sind verpflichtet, die Kosten von Betriebsratsmitgliedern für erforderliche Schulungsveranstaltungen zu übernehmen. Das heißt aber nicht Aufenthalte in exklusiven Hotels oder eine Anreise per 1. Klasse. Maßgeblich ist vielmehr die im Betrieb geltende Reisekostenrichtlinie, so das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung. 

Die rechtliche Lage erläutert der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA). 

Unternehmen müssen erforderliche Fortbildungskosten tragen

Die Aufgaben von Betriebsräten sind vielfältig und erfordern arbeitsrechtliche Kenntnisse. Um diese zu erlangen und auf dem aktuellen Stand halten zu können, dürfen Betriebsratsmitgliedern auf Kosten des Arbeitgebers erforderliche Schulungen und Seminare besuchen (§§ 37 Abs. 6, 40 Betriebsverfassungsgesetz). Das umfasst Fortbildungen zu rechtlichen Grundlagenthemen einerseits ebenso wie zu arbeitsrechtlichen Spezialthemen andererseits, soweit es dazu im Betrieb konkrete Fälle oder Beratungsbedarf gibt. So oder so: Die Lehrgangsgebühren sowie die Reisekosten und Übernachtungskosten hat das Unternehmen in den Grenzen der Erforderlichkeit zu tragen.

Betriebsratsmitglieder sind zudem ehrenamtlich tätig: Für die Zeiten notwendiger Fortbildungsmaßnahmen hat das Unternehmen die Arbeitnehmervertreter bezahlt freizustellen, d.h. mit dem regulären Gehalt weiter zu vergüten. 

Kostenbegrenzung: Interne Reisekostenrichtlinien

Regelmäßig gibt es Streit über die Modalitäten der Schulung: So hat die Rechtsprechung entschieden, dass Betriebsräte trotz kostengünstiger Online-Schulungen auch an Seminaren in Präsenz teilnehmen dürfen. Zwar gilt das Wirtschaftlichkeitsprinzip auch für das Handeln von Arbeitnehmervertretungen, so dass bei zwei identischen Schulungen die zum Betrieb nächst gelegene zu besuchen ist. Wird dort aber keine Schulung angeboten und ist der Schulungsbedarf dringend, kann auch die Reise an einen weiter entfernten Ort erforderlich sein.

Darf das Betriebsratsmitglied dazu auch eine Fortbildung besuchen, die in einem exklusiven 4*-Sterne-Hotel abgehalten wird und eine Anreise dorthin mit der Bahn 1. Klasse antreten?

„Hier kommt es wesentlich auf die betrieblichen Reisekostenregelungen an“, so Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott. „Betriebsräte sollen nicht schlechter, aber eben auch nicht besser gestellt werden als gewöhnliche Arbeitnehmer“, so der Hamburger Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Sehe die betriebliche Reisekostenregelung nur die Nutzung von 3*-Sterne-Hotels vor, so gelte dies auch für den Besuch von Fortbildungen durch Betriebsräte. Dies könne dazu führen, dass das Betriebsratsmitglied nicht im teuren Tagungshotel übernachten dürfe, sondern sich ein preisgünstigeres Hotel in der Nähe suchen müsse. 

Bundesarbeitsgericht: Keine ungerechtfertigte Besserstellung

Diese Grundsätze bekräftigte auch das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen unlängst veröffentlichten Entscheidung (v. 7.2.2024, Az.: 7 ABR 8/23):

Danach sei eine im Betrieb bestehende zumutbare allgemeine Reisekostenregelung grundsätzlich auch für Betriebsratsmitglieder verbindlich. Sehe diese etwa die Nutzung der 2. Klasse vor, gelte dies auch für Betriebsratsmitglieder bei der Anreise zu Schulungen.

Andernfalls würde eine ungerechtfertigte Besserstellung der Betriebsratsmitglieder eintreten, wenn „diese für die im Zusammenhang mit der Ausübung von Betriebsratstätigkeit anfallende Reisetätigkeit höhere Beträge als Arbeitnehmer bei betrieblich veranlassten Reisen beanspruchen könnten, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht“ – so das höchste deutsche Arbeitsgericht.

Sei hingegen die Nutzung der 1. Klasse und die Buchung von 4*-Sterne-Hotels üblich bei Dienstreisen, so gelte dies auch für Fortbildungsveranstaltungen von Betriebsräten.

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Prof. Dr. Michael Fuhlrott
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