(Stuttgart) Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Viele Beschäftigte wollen nicht mehr zurück ins Büro. Doch was passiert, wenn ein Arzt ein Attest ausstellt, das ausschließlich Homeoffice empfiehlt? Müssen Arbeitgeber das akzeptieren?

Die Antwort lautet: Nein, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart und erklärt warum!

  • „Homeoffice-Atteste“: Kein Freifahrtschein für Zuhausebleiber

Immer häufiger legen Mitarbeitende Atteste vor, die ihnen nur noch Arbeit von zu Hause erlauben. Doch rechtlich ist das etwas ganz anderes als eine Krankschreibung. Denn:

  • Ein echtes Attest über Arbeitsunfähigkeit bescheinigt: Der Mitarbeiter ist so krank, dass er überhaupt nicht arbeiten kann.
  • Ein Homeoffice-Attest sagt: Arbeiten ja – aber nur unter bestimmten Bedingungen.

Das Problem: Diese Zwischenlösung kennt das Gesetz nicht. Es gibt kein „halbes arbeitsunfähig“. Entweder jemand ist krank – oder eben nicht. 

  • Ohne echte Krankschreibung – kein Anspruch auf Lohnfortzahlung

Wichtig: Wer nur ein Homeoffice-Attest vorlegt, gilt nicht automatisch als krank im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Das bedeutet: Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Und auch keinen Beweiswert wie bei einer regulären Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Selbst wenn das Attest sich auf den Arbeitsweg oder den Büroplatz bezieht: Der Arbeitsweg gehört nicht zu den Arbeitspflichten. Wer nicht ins Büro kann, ist deshalb nicht automatisch krankgeschrieben. 

  • Homeoffice nur mit Zustimmung – kein gesetzlicher Anspruch

Es gibt keinen allgemeinen Anspruch auf Homeoffice. Nur in wenigen Ausnahmefällen – etwa bei schwerbehinderten Menschen – kann ein solcher Anspruch bestehen. Ansonsten gilt: Der Arbeitgeber entscheidet, wo gearbeitet wird.

Dabei muss er zwar die Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigen, darf aber auch die betrieblichen Abläufe nicht aus den Augen verlieren.

  • Empfehlung vom Arzt? Ja. Verpflichtung für den Chef? Nein!

Ein Homeoffice-Attest ist nur ein Hinweis. Kein Befehl. Arbeitgeber sollten genau hinschauen:

  • Worauf stützt sich das Attest?
  • Was sind die konkreten gesundheitlichen Einschränkungen?
  • Wäre auch eine andere Lösung im Betrieb denkbar?

Es ist absolut legitim, nachzufragen. Und: Der Arbeitgeber hat sogar ein Recht darauf, die Hintergründe zu erfahren. Nur so kann er verantwortungsvoll entscheiden. 

  • Verweigerungshaltung kann sich rächen

Sagt der Arbeitnehmer einfach nur „Geht nicht, Arzt sagt so“ – ohne weitere Infos? Dann kann das zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Denn der Arbeitgeber braucht Fakten, um eine faire Entscheidung treffen zu können.

Auch wichtig: Im Unternehmen spielen viele Faktoren eine Rolle – etwa Teamkommunikation oder Abstimmungsprozesse. All das darf in die Entscheidung einfließen.

  • Wer sich eigenmächtig ins Homeoffice verabschiedet, riskiert Ärger

Der Arbeitgeber darf entscheiden, ob die Arbeit im Büro zumutbar ist. Hält sich der Arbeitnehmer nicht daran und arbeitet trotzdem von zu Hause, kann das Konsequenzen haben:

  • Abmahnung
  • Bei Wiederholung sogar Kündigung

Die Rückkehr ins Büro ist keine Verhandlungssache – sondern eine Frage der Zumutbarkeit. 

  • Fazit: Nicht jedes Attest zählt – und Homeoffice ist kein Grundrecht

Ein ärztliches Attest, das nur Homeoffice empfiehlt, ersetzt keine Krankschreibung. Arbeitgeber müssen es nicht automatisch akzeptieren. Aber sie müssen es prüfen – und dabei das Gesamtbild sehen: Gesundheit, Arbeitsumfeld und betriebliche Erfordernisse. 

Tipp für Arbeitgeber:

Fragen Sie nach. Dokumentieren Sie Ihre Entscheidung. Und handeln Sie transparent. So schützen Sie sich rechtlich – und stärken das Vertrauen Ihrer Belegschaft.

Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Volker Görzel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
HMS. Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte
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