(Worms) Das Oberlandesgericht Nürnberg hat das Strafverfahren gegen Bischof Williamson wegen Volksverhetzung soeben vorläufig eingestellt, weil ein im Revisionsverfahren nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis vorliegt.

Der Strafbefehl des Amtsgerichts Regensburg vom 22.10.2009 schildert keinen hinreichend deutlichen Anklagesachverhalt und informiert daher nicht ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft hat nun die Möglichkeit, wegen des gleichen Sachverhaltes erneut umfassend Anklage zu erheben.

Darauf verweist der Moerser Fachanwalt für Straf- und Verkehrsrecht Bertil Jakobson, Vizepräsident des VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg vom 22.02.2012 zu seinem Beschluss vom selben Tage, Az.: 1 St OLG Ss 240/11, rechtskräftig.

Der Erste Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg hatte sich als Revisionsgericht mit dem Urteil des Landgerichts Regensburg vom 11.07.2011, das den Angeklagten wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 65,00 Euro verurteilt hatte, zu befassen. Der Senat stellte bei Überprüfung dieser Entscheidung – anders als die Vorinstanzen – fest, dass dem Verfahren die Basis eines hinreichend deutlich geschilderten Sachverhaltes fehlt. Der Anklagesachverhalt, hier in der Form eines Strafbefehls, hat zum Einen die Funktion, den Angeklagten über den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf zu informieren und zum Anderen muss sich aus dem Sachverhalt klar umgrenztes strafbares Verhalten entnehmen lassen. Denn der Anklagesachverhalt ist die Grundlage für das gesamte weitere Verfahren. Fehlt es an dieser Grundvoraussetzung, muss das Verfahren zwingend – vorläufig – eingestellt werden (§ 206a Strafprozessordnung). Dieser Mangel kann im Revisionsverfahren nicht mehr geheilt werden. Die Staatsanwaltschaft hat nun die Möglichkeit, wegen des gleichen Sachverhaltes erneut umfassend Anklage zu erheben.

In seiner Begründung führt der Senat aus, so Jakobson, der Strafbefehl schildere lediglich eine Vorbereitungshandlung und demnach ein (noch) nicht strafbares Verhalten. Er beschreibe zwar, dass der Angeklagte seine Äußerungen, mit denen er den Holocaust leugnete, anlässlich einer Diakonatsweihe im Priesterseminar in Zaitskofen/Oberpfalz gegenüber dem schwedischen Fernsehsender „SVT 1″ abgegeben und dabei damit gerechnet habe, dass das aufgezeichnete Interview nicht nur in Schweden – dort sind derartige öffentliche Bekundungen nicht strafbar – sondern auch in Deutschland bekannt und Aufsehen erregen wird. Es werde in dem Strafbefehl aber nicht mitgeteilt, dass, und vor allem wie und wo der Inhalt des einem Journalisten im Priesterseminar unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegebenen Interviews dann tatsächlich veröffentlicht und auch in Deutschland bekannt wurde. Insbesondere fänden sich keine Ausführungen zu Zeit und Ort der Veröffentlichung, ebenso wenig zum Veröffentlichungsmedium und zum Verbreitungsweg. Da Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 130 Absatz 3 StGB („Volksverhetzung”) ist, dass die Tathandlung „öffentlich oder in einer Versammlung” begangen wird, also ein Verbreitungsakt hinzukommt, stelle der Strafbefehl „wesentliche gesetzliche Merkmale” des Straftatbestandes nicht dar.

Im vorliegenden Fall war die Schilderung des Verbreitungsweges von zentraler Bedeutung, weil entsprechende Äußerungen der Volksverhetzung nur in Deutschland strafbar sind, das Interview aber in einem schwedischen Bezahlfernsehsender ausgestrahlt werden sollte. Erst die Veröffentlichung in Deutschland, also nicht schon das Geben des Interviews unter Ausschluss der Öffentlichkeit, kann die Strafbarkeit begründen. Ob über die Ausstrahlung im Fernsehen hinaus eine Veröffentlichung im Internet von vorneherein geplant war und ob der Angeklagte Bischof Williamson mit diesem Verbreitungsweg rechnete lässt sich dem Strafbefehl nicht entnehmen. Dass es hierauf wesentlich ankam, ergibt sich auch aus der Tatsache, dass der Angeklagte, nachdem seine Äußerung auf ungeklärtem Weg vorab bekannt geworden war, vergeblich versucht hatte, eine zivilrechtliche Ausstrahlungsuntersagung in Deutschland zu erreichen.

Dem Beschluss des Oberlandesgerichts ist also nicht zu entnehmen, dass die im November 2008 von Bischoff Williamson im Priesterseminar Herz Jesu abgegebenen Äußerungen in Deutschland nicht strafbar seien. Eine erneute Verfolgung der Tat durch die Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung der Vorgaben des Oberlandesgerichts ist daher möglich.

Jakobson riet grundsätzlich – unabhängig von diesem Fall – in allen strafrechtlich relevanten Fällen sowie als Opfer von Gewalttaten so früh wie möglich rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. – www.strafrechtsverband.de – verwies.

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Bertil Jakobson
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