(Kiel) Zugang zum E-Mail-Account reicht, um den Anschein einer Vollmacht zu setzen. Das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat entschieden, dass eine Einigung zwischen einer Immobilieneigentümerin und ihrer Versicherung vertraglich bindend ist, auch wenn das Angebot vom Ehemann kam.
Weil sie ihm das Account-Passwort mitgeteilte hatte und er regelmäßig in ihrem Namen E-Mails verschickte, bejahte das Gericht den Anschein einer Vollmacht des Ehemanns, der die vertragliche Bindung der Immobilieneigentümerin bedingt.
Darauf verweist der Stuttgarter Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Arbeitsrecht Michael Henn, Vizepräsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des OLG Zweibrücken vom 18.06.2025 zu seinem Urteil vom 15. Januar 2025, 1 U 20/24.
Die Immobilieneigentümerin schloss eine Gebäudeversicherung für Wasserschäden ab. Nach einigen Jahren kam es tatsächlich zu einem Wasserschaden. Dieser blieb allerdings lange Zeit unentdeckt. Tröpfchenweise schädigte das Wasser über eine längere Zeit die Bausubstanz der Immobilie. Nachdem die Immobilieneigentümerin den Schaden im Jahr 2011 entdeckt hatte, verlangte sie von ihrer Versicherung Ersatz der Schäden. Auf der Grundlage eines Abfindungsvergleichs zahlte die Versicherung im Jahr 2014 einmalig hierauf eine Summe von 10.000 Euro. Aus Sicht der Versicherung war damit alles abgegolten, auch eventuelle Folgeschäden. Die Immobilieneigentümerin war anderer Meinung und verklagte die Versicherung im Jahr 2022 auf Ersatz weiterer, umfangreicher und erst im Jahr 2020 entdeckter Folgeschäden. Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Abfindungsvergleich nicht wirksam zustande gekommen sei, weil diesen nicht sie, sondern ihr Ehemann ohne ihre Kenntnis ausgehandelt und über ihren Emailaccount abgeschlossen habe. Tatsächlich beruhte der Vergleich auf einer E-Mail, die der Ehemann geschrieben hatte. Dem von der Versicherung engagierten Gutachter hatte er das Vergleichsangebot von 10.000 Euro unterbreitet, der dieses Angebot der Versicherung zugeleitet hatte. Anschließend hatte die Versicherung der Eigentümerin das Geld überwiesen und die Zahlung in einem Schreiben bestätigt.
Der 1. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts ist der Ansicht der Immobilieneigentümerin nicht gefolgt, sondern hat die Klageabweisung des Landgerichts Kaiserslautern im Ergebnis bestätigt.
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Hauseigentümerin sich das Handeln ihres Ehemanns im Rahmen der Vertretungsregelungen zurechnen lassen muss. Indem sie ihrem Mann das E-Mail-Passwort genannt und es bewusst geduldet habe, dass dieser regelmäßig private, wie auch rechtsgeschäftliche E-Mails über ihren Account schrieb, habe sie einen falschen Anschein gesetzt. Auch weil der Ehemann die E-Mail im Namen seiner Frau und mit ihr als Absender verschickt habe, habe die Versicherung annehmen dürfen, dass die Immobilieneigentümerin selbst das Angebot unterbreitet habe. Der Vergleich sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam, so der Senat weiter. Insbesondere auch nicht deshalb, weil im Zeitpunkt des Abschlusses des Abfindungsvergleichs noch nicht alle Folgeschäden bekannt gewesen seien. In einem Abfindungsvergleich legten die Parteien klar und eindeutig fest, dass sie die Sache endgültig erledigen und auch etwaige Folgeschäden bereinigen wollen, so das Gericht. Zwar könne es in Ausnahmefällen und bei einem krassen Missverhältnis zwischen Abfindungssumme und (Folge)Schaden unbillig sein, den Vergleich aufrechtzuerhalten. Ein solches Missverhältnis könne der Senat nach dem vorgetragenen Sachverhalt aber nicht annehmen.
Henn empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er auch in diesem Zusammenhang auf die Rechtsanwälte der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de — verwies.
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